Sollich Architekten

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Sanierung eines Barockhauses

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Bei dem Bauvorhaben handelt es sich um die Sanierung eines denkmalgeschützten Hauses im Zentrum Potsdams, unweit des Brandenburger Tores. Das Haus stammt aus der Zeit der zweiten barocken Stadterweiterung und wurde von einem Schüler Gontards, H.Ch. v. Schütze, 1784 als dreibündige Anlage erbaut. Der Mittelrisalt der dreibündigen Anlage hebt sich vor allem durch die sechs Vasen auf der Sandsteinattika und einen mittigen Balkon ab. Ursprünglich standen entlang der Charlottenstrasse drei bis vier dieser dreibündigen Anlagen frei von benachbarter Bebauung. Die reich bestuckte Fassade weist neben den Rundbogenfenstern Stuckornamente auf, die für die Phase des späten Barock in Potsdam typisch und mehrfach zu finden sind. Neben Girlanden und Meanderbändern bilden Helme den Abschluß der Fenstereinrahmungen. Die Vasen, das weit auskragende Gesims und der Sockel mit vorspringender Treppenanlage sind aus Sandstein gefertigt. Die Balustrade über dem Gesims hat zur Bauzeit wahrscheinlich frei gestanden, so das das Dach hinter der Balustrade auflag. Im Inneren des Hauses befindet sich eine dreiläufige Treppenanlage mit schlanken, gedrechselten Traillien. Die Gartenfassade weist typischerweise keine Achsialität zur Vorderfassade auf und ist ohne Schmuck.

Im Zuge der Sanierung wurde der durch Eingriffe der Jahrhundertwende und der Nachkriegszeit unkenntlich gewordene Grundriss wieder freigelegt. Auch die Treppenanlage, die wegen des Umbaus zum Mehrfamilienhaus nicht mehr offen lag, wurde in ihren Originalzustand zurückgebaut. Der Dachstuhl einschließlich aller provisorischen Um- und Einbauten wurde vollständig erneuert. Die Dacheindeckung ist entsprechend dem ursprünglichen Zustand wieder mit Handstrich-Biberschwanzziegeln eingedeckt worden. Weiterhin mußten im Zuge der Sanierungsarbeiten sämtliche Holzbalkendecken mit teilweise noch vorhandener Stroh-Lehm-Wickelfüllung komplett erneuert werden.

Mit zwei neuen, stehenden Gauben und einer langgestreckten Balkonanlage aus Stahlträgern mit filigranen Geländern aus Streckmetall wurde die Achsialität der Vorderfassade vor die Hoffassade gespiegelt und verweist somit auf die Eingriffe und Nutzungsänderungen. Auch die Gartenanlage mit aufgeschütteter Terrasse und mittiger Freitreppe ist diesem gestalterischen Eingriff unterworfen. Sämtliche Fenster der Hoffassade wurden zu französischen Fenstern unter Beibehaltung der Öffnungsbreiten, vergrößert.

Weite Teile der Innenräume erhielten nach Deckensanierung Fußböden mit aufgearbeiteter Altdielung. Die beiden Wohn-, bzw. Büroeinheiten im Erdgeschoss wurden straßenseitig mit kleinen Sanitärräumen und Kitchenette ausgestattet und haben jeweils einen Wohnraum mit Terrasse zum Hof. Der Wohnung, die sich vom Erdgeschoss über das Obergeschoss bis hin zum Dachgeschoss erstreckt, wurde die Treppenanlage mit wiederhergestelltem Treppenauge als zentraler Ort zugeschrieben. Das Obergeschoss wurde mit den zeittypischen Verbindungstüren zwischen den Räumen wiederhergestellt und erhielt zusätzlich ein WC sowie einen Kamin im straßenseitigen Wohnraum. Der neu errichtete Balkon, der sich fast über die gesamte Hausbreite erstreckt, verbindet Küche und Bibliothek. Im Dachgeschoss wurde ebenfalls im Grundriss die Mittelachse aus der Straßenfassade übernommen. Die straßenseitigen Räume hinter der Balustrade sind über ein Podest erhöht, so dass Ausblicke aus den Dachfenstern möglich werden. Zwei Dachfenster im Flur direkt unter dem First lassen Mittagssonne in den großzügigen Flur hineinscheinen. Die beiden Zimmer auf der Hofseite erhielten vor den raumhöhen Gauben kleine Balkone.

Die Straßenfassade wurde nach farbrestauratorischem Befund, der mindestens vier Farbfassungen nachwies, in einer mehrfarbigen Fassung gestrichen. Das Sandsteingesims wurde ebenfalls nach Befund gestrichen. Die Schmuckelemente sind durch einen eigenen Farbton abgesetzt. Lediglich die Haustür, deren Türflügel um die Jahrhundertwende erneuert worden sind, erhielt einen zurückhaltenden Farbton. Im Erdgeschoss wurden bei der Bestandsaufnahme straßenseitig keine Originalfenster mehr vorgefunden. Auch hier waren um die Jahrhundertwende die Rundbogenfenster ausgebaut und durch Jalousiekästen verbaut worden. Im Zuge der Sanierung wurden die Rundbogenfenster nach Profilvorlagen der Originale im Obergeschoss neu angefertigt und die Rundbögen wieder geöffnet.

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